Spiritualität für Liebende
- (Aus C. Titmuss: The Buddha of Love. Essays on the Power of the Heart)
- Taten der liebenden Güte sind eine erinnerbare Qualität, die Liebe und Respekt hervorbringt und der Gemeinsamkeit förderlich ist. MN 104.21
In diesem Essay befasst Christopher Titmuss sich mit der Dimension der Spiritualität für die Liebe in der Paarbeziehung.
Ein Leben, geprägt von verzerrter Wahrnehmung und verzerrten Werten wirkt sich aus auf das persönliche, soziale und globale Leben.
Die ungesunden Handlungen des Nehmens, Wegnehmens oder Für-Sich-Selbst-Habens haben dann Vorrang gegenüber dem Akt des Gebens.
In einem monumentalen Sanskrit-Theaterstück, dem Ramayana, geben Rama und Sita den Komfort ihres Palastes in Ayodhya auf, um ins Exil der Wälder von Dandakaranya zu gehen. Die Schwester des Königs Ravana verliebte sich in Rama. Sie unternahm wiederholte Versuche, Rama davon zu überzeugen, Sita zu verlassen, um mit ihr zu leben. Ravana kidnappte Sita, von der er selbst besessen war, nachdem er ihr einen goldenen Hirsch zeigte, um sie zu beeindrucken. Ravana hielt Sita auf Sri Lanka gefangen und versuchte, ihre Liebe zu gewinnen, jedoch wankte sie nie in ihrer Liebe zu Rama. Ihr Mann suchte und fand sie und letztlich besiegte er Ravana und rettete Sita.
Der Buddha warnte immer wieder vor dem Leid, das folgt, wenn wir etwas nehmen, was uns nicht gegeben wurde, und Sita hatte sich nicht zu Ravana bekannt. Die Geschichte demonstriert das gefühllose Herz und das kalte Gewissen, wenn wir jemand Anderem die Freiheit nehmen sowie auch die Herzensverbindung zu jemand Anderem. Sita liebte Rama, nicht Ravana. Eine weise Beziehung zeigt sich selbst als Ausdruck der Liebe.
Nach der Errettung zweifelte Rama ernstlich daran, ob Sita ihn weiterhin liebte und ihm treu geblieben sei. Es ist die Geschichte einer großen Suche eines Mannes nach der Erneuerung der Liebe, der Überwindung aller Hindernisse und des Triumphes der Liebe über alle Widrigkeiten. Dennoch gemahnt uns das Ramayana auch daran, dass Zweifel den Geist verfolgen können.
Diese Sehnsucht nach Vereinigung erlangt einen metaphysischen Status und wird immer wieder aufgegriffen in Geschichten, Poesie, Kunst und Theaterstücken. Das Streben nach der Vereinigung seiner selbst mit jemand Anderem offenbart die Macht der Sehnsucht, die sich oft in den größten je erzählten Geschichten wiederfindet. Die Vereinigung mit jemand anderem erhält Priorität. Einheit mit einem Anderen hebt auch die Zeiten hervor, in denen man vom Anderen getrennt ist und die Gelegenheit bekommt, das Alleinsein wertzuschätzen. Andernfalls reagiert das Innenleben mit Vereinsamung, manchmal in die Verzweiflung abgleitend. Rama liebte Sita in ihrer Abwesenheit und Gegenwart, erfuhr jedoch auch die Qual der Zweifel über ihre Liebe zu ihm.
Wahre Liebe kann das Bewusstsein jederzeit betreten, während Dharma-Weisheit und Eros sich in derselben Weise miteinander verknüpfen können, so wie sich auch Dharma und Abgeschiedenheit leicht miteinander verbinden.
Naivität und Projektionen resultieren in der Idealisierung des Objektes unserer Liebe. Inmitten der machtvollen Empfindungen der romantischen Liebe ist es dem Verliebten kaum möglich, irgendwelche Unzulänglichkeiten bei dem Anderen auszumachen. Die Eigenschaften (Tugenden), die Liebe und die Gegenwart des Anderen nähren jeden Bereich des Herzens. Es gibt keine Wahrnehmung von Einschränkungen oder Fehlern des Anderen. Es besteht keine Notwendigkeit, nach einem Mangel Ausschau zu halten. Im Laufe der Zeit wird die Liebe Weite und Tiefe hervorbringen, die auch die menschlichen Schwächen des Anderen beinhaltet. Romantische und kreative Liebe müssen die Fähigkeit entwickeln, die ganze Person zu umfassen. Wenn zwei Menschen sich ineinander verlieben, teilen sie oft eine Sprache aus der Tiefe ihres Seins.
- „Ich fühle, dass ich dich schon seit langer, langer Zeit gekannt habe.“
- „Wir sind füreinander geschaffen.“
- „Ich fühlte, wir waren von Beginn an Eins.“
- „Es ist wahrlich göttlich, wenn wir zusammen sind.“
Liebende sagen solche Worte mit wahrer Bedeutung und Überzeugung, nicht etwa als hohle Phrasen. Solch eine Liebe zeigt eine Wahrnehmung von Erfülltsein, von einer tiefen Verbindung, einem Teilen der Wahrheit über die eigene Erfahrung im Zusammensein mit dem Anderen. In der Verschmelzung der eigenen Liebe mit der des Anderen treffen Inneres Erfülltsein und das Göttliche aufeinander. Beide Liebenden erwidern gegenseitig ihre Liebe. Romantische Liebe lässt beide Seiten profitieren. Erstaunliche Erfahrungen und unermessliche Akte der Liebe schütteln in diesem gehobenen Zustand die Befangenheiten des Selbst ab. Die Liebe fließt in zwei Richtungen und wird wirklicher als der Tod – und verweist so auf die Unsterblichkeit durch die Entdeckung einer Freiheit ohne Anfang und Ende.
Die Erfahrung einer solchen Liebe enthüllt auch ihre Verletzlichkeit gegenüber der Veränderung, gegenüber Verlagerungen der Wahrnehmung im Hinblick auf die Herausbildung von Sichtweisen im Laufe der Zeit. Diese Veränderungen in Ansichten und Gefühlen sollten uns nicht daran hindern, uns ganz und gar zu verlieben. Solche tiefe Liebe ist zu wichtig, um sie zu untergraben, da sie ein göttliches Element der menschlichen Existenz darstellt. Romantische Liebe entspricht einem Ausdruck von Metta, einem himmlischen Verweilzustand.
Tief nährendes entspringt der romantischen Liebe. Sie weist nicht die Herausforderungen zurück, die solche Erfahrungen früher oder später begleiten. Die Aufladung, die Kraft und die Präsenz des Eros zwischen zwei Menschen oder auch von einer Person zur anderen (sogar ohne Erwiderung durch den Anderen) öffnet das Herz für eine tiefe Entdeckung der Intimität. Außenstehende halten sich oft mit den Unterschieden zwischen zwei Menschen auf, wie Alter, Stärke, Wissen, Klasse, Reichtum, Lebenserfahrung und Schönheit. Sie scheitern darin, die Intensität der Romantik zwischen zwei Menschen zu verstehen.
Die äußerst romantische Geschichte von Krishna und Radha in ihrer Heimatstadt Vrindavan dient als Symbol für die Macht der Liebe zwischen einem Mann und einer Frau. Krishna war von vielen Frauen umgeben, die seine Gegenwart, seine Verspieltheit und seine Weisheit liebten.
Trotzdem sie mit jemand anderem verheiratet war, verspürte Radha eine überwältigende stürmische Liebe für Krishna, die aus einem einzigen Blick zwischen beiden geboren wurde. In einem einzigen Moment traten beide, Krishna und Radha, ein in einen profunden Zustand romantischer Liebe. Obwohl Krishna in Teile Nordindiens reiste, um dort zu lehren und als Wagenlenker für Arjuna in der großen Schlacht zwischen zwei Familien zu dienen, blieb die Zuneigung und Liebe zwischen beiden unvermindert und unbeeinflusst von Raum und Zeit, Abwesenheit und Distanz. Ihre Geschichte weist hin auf ein himmlisches Verweilen für Krishna und Radha. Krishna vereinigte ihre himmlischen Energien miteinander.
Die Bewegungen der Liebe zwischen zwei Menschen kann zurück- oder vorwärtsgewandt sein auf Arten und Weisen, die andere Menschen nicht verstehen können. Zum Beispiel mögen Außenstehende sich über eine Kräfteimbalance in einer Paarbeziehung klar geworden sein, ohne jemals Zeit mit dem betroffenen Paar verbracht zu haben. Oder aber Frauen fühlen sich bevormundet und diskriminiert, wenn Außenstehende ihnen sagen, dass sie eine untergeordnete Position in der Beziehung einnähmen. Äußere Erscheinungen mögen nicht unbedingt die Wirklichkeit enthüllen. Wahre Liebe hat die Kraft, immense Unterschiede zwischen zwei Menschen anzusprechen und auszugleichen.
Die gemeinsam geteilte Liebe zwischen Krishna und Radha zeigt eine wundervolle Verbindung auf und ebenso die Fähigkeit, jedweden Machtunterschied zwischen beiden auszugleichen. Die Menschen verehrten Krishna als einen Gott, während Radha ihn auf ebensolche Weise sah. Krishna, der Gott, und Radha, die verheiratete Frau, besaßen die innere Stärke, ihre Liebe allen gegenüber bekannt zu machen, unbesehen aller Tabus ihrer Zeit: ein Gott und eine Frau ineinander verliebt, die Frau anderweitig verlobt.
Angst vor der Intimität hemmt den natürlichen Ausdruck romantischer Liebe. Romantische Liebe ergießt sich in das Bewusstsein, aber dann entsteht eine Angst vor der Verbindlichkeit. Andere fürchten, keine Intimität zu finden. Das Verlangen nach Vereinigung überwiegt das Innenleben gegenüber der Liebe zum Alleinsein, dem einsamen Weg. Eine Kräfteimbalance stellt eine Person über die andere. Dies mag zu einem Verlangen nach Autonomie desjenigen führen, der sich im Schatten des Anderen wähnt.
Dies endet wahrscheinlich in Streit, wenn nicht in Tränen. Wenn, durch den Anderen unterdrückt, eine Stimme nicht zählt, fühlt er oder sie sich hilflos und unterbewertet. Diese Hilflosigkeit fungiert als Brutstätte des Zweifels und des schwelenden Unmutes. Derjenige, der in anderen Feldern des täglichen Lebens die größere Macht und Autorität innehat, muss im persönlichen Leben aufmerksam sein, sonst wird eine Beziehung auseinanderfallen. Dennoch, „es ist besser, geliebt und verloren zu haben, als niemals geliebt zu haben“, wie der Poet Alfred Tennyson sagte.
Ja, romantische Liebe verdeckt manchmal auch ein weises Urteil. Wenn eine Beziehung desintegriert, müssen die beiden Menschen die „Ich habe es dir ja gesagt“-Stimmen erdulden, jedoch bietet die Liebe niemals Garantien. Dies macht Verliebtheit zu einem solchen Abenteuer.
Der Buddha behandelte Zusammensein und Getrenntheit als zwei Arten der Erfahrung, die bekannt und verstanden sein wollen. Der Dharma gibt der Liebe und der Weisheit den Vorrang vor der Vereinigung des Selbst mit einem Anderen und trägt zu einer authentischen emotionalen Entwicklung bei, um mit dem Wandel zu sein: die Wertschätzung der Intimität und die Wertschätzung des Alleinseins. Das Erwachen umfasst das Alleinsein und das Zusammensein, frei von der Abhängigkeit von einer Einheit, frei von der Qual des Abgetrenntseins.
Ich habe 24 Übungen für eine Paarbeziehung zusammengestellt, die ich aus vielen Jahren der Beziehungserfahrungen abgeleitet habe:
24 Übungen in einer Paarbeziehung
1. Eine wahrhaftige Beziehung ist eine Säule echter Unterstützung. Solch eine Beziehung macht beide Menschen im besten Sinne stark. Ihre Beziehung ermutigt zu Furchtlosigkeit und liebenden Handlungen in der Welt.
2. Würdige die Handlungen der Liebe auf mehrere Art und Weise, nicht nur durch Worte. Liebe ist auch achtsame Präsenz, Sorge für die Kinder, das Zuhause oder den Garten, ein Akt der Großzügigkeit, sind Gespräche und ein Loslassen. Reflektiere über die Formen der Liebe, die du gibst und die Formen der Liebe, die du empfängst. Sie könnten unterschiedlich sein.
3. Mitunter müssen wir uns entschuldigen für Handlungen unseres Körpers, unserer Sprache oder unseres Geistes. Stelle sicher, dass deine Entschuldigung aufrichtig ist. Bringe dein aufrichtiges Bedauern dann zum Ausdruck, wenn du Augenkontakt machen kannst. Stelle dir nicht vor, du könntest Gefühle des Bedauerns oder der Reue unabhängig von dem, was du getan oder nicht getan hast, hervorbringen. Erwarte nicht, dass dein Partner nach längerer Zeit noch tiefempfundene Reue zum Ausdruck bringen kann.
4. Sei flexibel. Eine Beziehung bewegt sich zwischen dem himmlischen Reich einer Göttin und eines Gottes, die miteinander sind, und dem menschlichen Bereich der Freundschaft und des alltäglichen Lebens. Beides ist wichtig.
5. Sei freundlich. Freundlichkeit ist machtvoll.
6. Sei achtsam gegenüber den Gefühlen, Bedürfnissen und der Geschichte deines Partners.
7. Dass zwei Menschen über viele Jahre zusammen sind, bedeutet nicht, dass sie eine tiefe Liebe und Intimität erfahren. Nehme nicht an, dass sie auch nur irgendetwas über Beziehungen wissen. Unterschätze niemals die Gewohnheit, die Unsicherheit und die Angst vor der Veränderung beim Zusammenhalten einer Beziehung. Dass eine Beziehung nicht lange währt, bedeutet keineswegs, dass die beiden Menschen nicht die Erfahrung tiefer Liebe und Intimität miteinander gemacht haben. Dass ein Mensch das Zölibat praktiziert, bedeutet nicht, dass er oder sie nichts über eine intime Beziehung weiß.
8. Der Vorwurf ist der Virus, der die Liebe zerstört, so wie AIDS den Körper zerstört. Verwechsle nicht Aufrichtigkeit mit Negativität!
9. Bringe nicht Verletzungen vor, die älter als eine Woche sind, sofern du dich nicht selbst bemitleiden und deinen Partner verschleißen willst.
10. Zerstöre nicht die Liebe, indem du Familienmitglieder deines Partners oder ihre oder seine Beziehung zu ihnen heruntermachst. Letztlich konnte er oder sie sich die Familie nicht aussuchen, aber er/sie wählte dich!
11. Wenn sich jemand bei dir über seinen Partner beklagt, erinnere dich daran, dass es nur die Hälfte der Geschichte ist. Stimme nicht einfach dem zu, was du hörst. Nehme nicht automatisch Partei. Stelle Fragen. Füttere nicht seine / ihre Reaktivität.
12. Wenn du vergibst, dann bekunde es und halte danach deine Lippen verschlossen. Bringe das Ereignis nicht nochmals vor. Dies wäre so, wie einen schmutzigen Finger in eine Wunde zu legen in der Erwartung, dass sie heilt.
13. Wenn dein Partner etwas unverantwortliches oder gefühlloses tut, dränge ihn nicht zu einer Erklärung. Es ist unwahrscheinlich, dass irgendein Grund befriedigend sein wird. Der „verletzende“ Partner wird möglicherweise nicht in der Lage sein, es sich selbst zu erklären, geschweige denn, dir.
14. Wenn dein Partner eine wie-auch-immer geartete verantwortliche Rolle hat, dann versuche den Druck zu verstehen, der mit dieser Rolle einhergeht. Falls dein Partner keine führende Rolle auf der Arbeit oder zuhause hat, dann versuche zu verstehen, wie wichtig die Beziehung sein wird.
15. Wisse grundlegend um den Unterschied zwischen Liebe und Verlangen. Lasse die Vorstellung los, an deiner Beziehung zu arbeiten. Wir arbeiten bereits genug. Hafte nicht an Idealen über eine Beziehung. Frage stattdessen im Inneren. „Was ist Liebe? Auf welche Weise kann ich sie heute zum Ausdruck bringen?“
16. Liebe ist wichtig. Ob du dich in einer Beziehung befindest oder nicht, ist nebensächlich. Glaube dir selbst nicht, wenn du dir sagst, du könntest besser innerhalb oder außerhalb einer Beziehung an dir arbeiten. Dieser Glaube beruht auf den gegenwärtigen Interessen des Selbst. Liebe ist das Thema.
17. Glaube niemals, du könntest jemanden ändern. Du kannst endlos Dinge herausstellen und schließlich werden deine kritischen Bemerkungen oder Ausbrüche destruktiv werden. Der Besserwisser wird nur die Fehler sehen und der Empfänger der kritischen Bemerkungen wird sich nach Innen zurückziehen oder das Feuer erwidern.
18. Untergrabe niemals die Vision deines Partners oder seine Rolle. Wenn du es dennoch tust, wird dein Partner zögern, seine Vision oder Rolle mit dir zu teilen.
19. Betrachte die Beziehung als eine gewaltige Kraft, tief ins Innere zu tauchen, um die Wahrheit in der Situation und in der Einsicht zu finden, dass das Selbst und der Andere aus Konstruktionen, aus Gefühlen und Ansichten besteht. In Wahrheit sind da weder Miteinander, noch Getrenntheit, noch Gleichheit, noch Unterschied.
20. Nimm keine Notiz von ordinierten Buddhisten oder Religionen, die sagen, dass du Verlangen haben musst, um Liebe zu machen. Du benötigst Liebe, um Liebe zu machen. Verlangen ist eine völlig andere Formation, die andere Empfindungen und andere Gedanken hervorbringt und die Erotik erstickt. Liebe-Machen ist erotisch. Verlangen ist Egoismus. Liebe erlaubt der Leidenschaft, frei zu fließen, während Verlangen Spannung und Unruhe erzeugt. Mache Liebe! Im Bett. Im Bad. Unter dem Tisch. Unter den Sternen. Überall. Egal, wie alt du bist.
21. Übernehme die volle Verantwortung für alles, was du fühlst. Dies ist ein Zeichen von Erwachsen-Sein. Sei achtsam hinsichtlich der Worte, die dem Wort „Du...“ folgen, wenn du zu deinem Partner sprichst. Die Beziehung lebt und stirbt durch das, was dem Wort „Du...“ folgt.
22. Rede. Liebe offenbart sich selbst am leichtesten in dem schieren Vergnügen zweier Partner, die miteinander reden und sich verstanden fühlen. Wenn zwei Menschen es lieben, miteinander zu reden, ist auch Liebe miteinander, wenn sie nur wenig oder auch nichts sagen, sie lieben wirklich einander.
23. Die Behauptung „Ich habe so viele Opfer für dich erbracht in dieser Beziehung“ ist ein Egotrip. Sie ist eine Bestätigung der Verbitterung darüber, nicht vom Partner bekommen zu haben, was man wollte. Dann willst du, dass dein Partner für dein Opfer bezahlt. Dein Opfer hört auf, ein Opfer zu sein, wenn du dafür eine Gegenleistung erwartest.
24. Wenn eine Beziehung endet, ist es oft für denjenigen, der die Beziehung beendet ähnlich hart, wie für denjenigen, der die Botschaft empfängt. Derjenige, der die Beziehung beendet, muss mit einem späteren tiefen Bedauern darüber klarkommen, die andere Person aus seinem Leben herausgeschnitten zu haben. Weisheit kann den Wandel von Partnern zu Freunden vollbringen.
Du kannst dich liebevoll an all die oben genannten Tipps halten, aber höre niemals auch nur einen Tag lang mit der Anwendung der Erkenntnis der Unbeständigkeit (anicca) auf! Nimm deinen Partner nie als selbstverständlich hin. Das Leben bringt zusammen und das Leben trennt. Eine Beziehung hängt von vielen Faktoren ab, bekannten und unbekannten. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die Qualität der gemeinsamen Zeit mehr zählt als die Quantität der gemeinsamen Zeit. Buddhas Betonung der achtsamen Präsenz in der Meditation und bei den täglichen Aufgaben gilt auch für eine Beziehung. Achtsame Präsenz trägt dazu bei, im Laufe der Jahre immer mehr über die andere Person herauszufinden. Niemand steht still. Niemand bleibt derselbe. Liebe hält eine Beziehung lebendig. Liebe ist achtsame Präsenz mit Interesse.
Der Buddha sagte: "So wie ein kraftvoller Fanfarenbläser mit wenig Mühe die vier Richtungen (nach oben, nach unten, quer, überall) verkünden kann, so lässt er oder sie durch diese Meditation, durch diese Befreiung des Herzens durch Liebe (metta), nichts unberührt, nichts unverändert, ohne Übelwollen." (DN 13.77)
Für zwei Menschen ist es nur allzu leicht, an ihren Ansichten über den anderen festzuhalten, als ob ihnen eine Wahrheit innewohnen würde. Der Verstand bildet sich leicht eine Vorstellung von Überlegenheit, Unterlegenheit oder Gleichheit. In keiner dieser Wahrnehmungen steckt eine wirkliche Wahrheit. Solange die Dynamik des Wandels aus den vielfältigen Bedingungen entsteht, wäre es töricht, in den Höhen und Tiefen des täglichen Lebens ein Ziel der Gleichheit zu verfolgen. Das Prinzip der Erforschung gilt besonders für das Leiden mit der Tendenz, sich selbst herabzusetzen (Unterlegenheit), einem anderen die Schuld zu geben (sich selbst als überlegen) oder zu dem Schluss zu kommen, dass beide schuld sind (Gleichheit). Diese Bewertungen können kurz- (!) oder langfristig (!) anhalten, solange sie nicht hinterfragt werden.
Wer und was kann Leiden verursachen? Wir stellen verschiedene Behauptungen auf:
- Ich verursache mein eigenes Leid
- Andere bringen Leid über mich
- Wir fügen uns gegenseitig Leid zu
- Verschiedene Umstände (Unfall, Entlassung, Klimawandel) außerhalb der beiden Menschen verursachen unser Leid.
Wenn ich mein eigenes Leid verursache, dann hängt mein Leid nicht von jemandem oder etwas anderem ab. Warum um alles in der Welt sollte ein halbwegs zurechnungsfähiger Mensch sein eigenes Leid erschaffen wollen? Wer bin ich, dass ich mir das antun will? Wie kann ich mich von dem Leid trennen, das ich mir selbst zufüge? Eine solche Sichtweise kann zu noch mehr Unglücklichsein, Schuldgefühlen, Selbstvorwürfen und Selbstmordgedanken führen.
Ich denke vielleicht, dass jemand anderes all mein Leid verursacht. Wenn ein anderer die Macht hat, uns leiden zu lassen, dann können wir uns nie von dem Leid befreien, das andere uns zufügen. Andere würden immer die Macht haben, uns Leid zuzufügen. Eine solche Sichtweise kann Wut, Rache, Angriffe auf andere und/oder die Identifikation mit der Opferrolle hervorrufen.
Wenn wir beide das Leid verursacht haben, das wir gemeinsam durchmachen, welcher Teil von uns hat dann das Leid verursacht und welcher nicht? Warum lassen wir es zu, dass ein Teil des anderen uns Leid zufügt, wenn es einen anderen Teil in uns gibt, der kein Leid verursacht? Wenn das Leiden durch Umstände entstanden ist, die außerhalb von uns liegen, dann können wir niemals frei von Leiden sein. Wir würden aufgrund von Schicksal, Unfällen, Vorsehung, Evolution, Natur oder der Hand Gottes leiden. Es gibt keinen Grund, mit dem anklagenden Finger auf uns selbst, einen anderen oder auf beide oder auf Umstände außerhalb von uns und einem anderen zu zeigen. Wenn wir das tun, können wir mit Weisheit auf das Entstehen von Leiden reagieren.
Wir haben die Fähigkeit, das Entstehen von Leiden zu beenden. Liebe ersetzt das Leiden. Achtsamkeit und Gleichmut ersetzen das Leiden. Loslassen ersetzt das Leiden. Das Beenden schädlicher Ansichten wandelt das Leiden um.
Klares Verstehen und Verständnis der Kausalität löst das Leiden auf. Lasst uns innerlich und mit anderen die Ressourcen erforschen, um die ganze Masse an Stress, Ärger und Angst ein für alle Mal aufzulösen. Lass Liebe und Weisheit das Bewusstsein durchdringen.